TIERPLUS INTERVIEW: JANE GOODALL

Dr. Jane Goodall ist Verhaltensforscherin und Botschafterin der Schimpansen. Ein Ruhestand kommt für sie erst infrage, wenn „die Welt gerettet ist“. TIERplus traf die große Dame der friedlichen Revolution.

Bereits 50 Jahre ist es her, dass Sie Ihre Arbeit mit den Schimpansen in Gombe, Tansania, begannen. Sie sagen, Schimpansen sind Ihre Familie. Sie sind aber 300 Tage im Jahr für Ihre Mission unterwegs. Fehlt Ihnen da Ihre Familie nicht?

1986 war ich bei einem Kongress in Chicago. Dort wurde berichtet und gezeigt, wie 39857da983 ergebnissehr Lebensräume zerstört werden, wie mit lebenden Tieren gehandelt und geforscht wird, und dass die Schimpansen im Aussterben begriffen sind. Binnen vier Tagen wurde ich zur Aktivistin. Ich wusste, ich musste etwas tun, ihnen helfen. Gombe wird immer meine spirituelle Heimat bleiben, meine Kraft- und Inspirationsquelle. Dort habe ich das Gefühl, dass alles zusammenhängt, und nach Gombe kehre ich immer wieder zurück. Wenige Wochen im Jahr kann ich auch in Bournemouth (Südengland) im Haus meiner Familie verbringen. Die Zeit mit meiner Schwester Judy und ihren Enkelkindern genieße ich sehr. Dort ziehe ich mich auch zurück, um an meinen Büchern zu arbeiten. Meine Familie und die Schimpansen sind wichtig für mich. Aber gleichzeitig weiß ich, ich muss etwas tun. Ich muss.

Sie sind eine weltweit anerkannte Schimpansen-Expertin. Auf welchem Gebiet sind Schimpansen uns Menschen voraus, was können wir von ihnen lernen?

Durch die Schimpansen habe ich erst gelernt, dass auch wir Tiere sind. Wir sind Teil des Tierreichs und nicht durch eine eindeutige Linie von den übrigen Kreaturen getrennt. Ich habe durch sie verstanden, wie wichtig frühe Kindheitserfahrungen für den Start ins Leben sind. Bei den Schimpansen kann man gut sehen, dass die Jungen, die gute, geduldige, tolerante und unterstützende Mütter haben, leichter ihren Weg finden. Die mit den strengeren und vor allem weniger unterstützenden Müttern dagegen sind in der Regel gestresst und nervös.

Was war Ihr berührendstes Erlebnis?

Da gibt es viele, viele wunderbare Begegnungen und Entdeckungen, fast täglich, mit Mensch, Tier und Natur. Aber sicher ganz besonders emotional war 1960 der Durchbruch unserer Forschungen. Weil er so viel veränderte. Denn anfangs flohen die Gombe-Schimpansen, sobald sie mich erblickten. Aber ich ließ mich davon nicht beirren. Ich beobachtete sie mit dem Fernglas von Weitem und allmählich ließen die Schimpansen mich näher herankommen. Eines Tages im Herbst 1960 beobachtete ich, wie der Schimpanse David Greybeard (er hatte einen charakteristischen grauen Bart) Blätter von Zweigen abstreifte, um so Werkzeuge für das Angeln nach Termiten herzustellen. Bis dahin hatten WissenschaftlerInnen angenommen, dass der Mensch die einzige Spezies wäre, die Werkzeuge machen und benutzen kann. Mein „Doktorvater“ Dr. Leakey meinte damals: „Nun müssen wir Werkzeuge neu definieren, den Menschen neu definieren oder Schimpansen als Menschen anerkennen. “ Besonders bewegen mich die Begegnungen mit Jugendlichen und engagierten Erwachsenen. Sie alle bewegen so viel! Jeder noch so kleine Beitrag zählt und hilft mit, etwas Positives zu schaffen. Diese Menschen und ihre Schicksale berühren mich zutiefst und geben mir Kraft und Ausdauer für meine Arbeit. Diese Hoffnung – etwas bewegen zu können – sollten wir nicht verlieren.

Sie haben einen Traum? Verraten Sie ihn uns?

Ich träume davon, dass wir eines Tages lernen, in Harmonie und Freude zu leben. Nicht nur miteinander, sondern auch mit der Natur. Wenn wir begriffen haben, dass jede/r Einzelne jeden Tag etwas bewirkt und Einfluss auf die Welt hat. Jedes Leben ist von Bedeutung und bewirkt etwas. Wir schaffen es gemeinsam, unserem Handeln auf diesem kostbaren Planeten eine neue Richtung zu geben, bevor es zu spät ist. Aber ich habe auch ganz banale Träume. So wäre es fantastisch, einmal mit meiner Schwester Judy und mit Mary Lewis das Neujahrskonzert in Wien zu besuchen.

Dr. Jane Goodall

RTEmagicC Jane Goodall03.jpg ergebnisJane Goodall, geb. 1934, ging mit 23 Jahren nach Afrika; 1960 begann sie, mit der Beobachtung wild lebender Schimpansen, heute ist sie eine der berühmtesten Wissenschaftlerinnen der Verhaltensforschung. +

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