Es ist sonnig und warm und fast normal, dass Mensch und Tier im Hochsommer mehr trinken als sonst. Doch bei Benny, einer 8-jährigen unkastrierten Mischlingshündin, fällt es besonders auf. Ständig ist die Wasserschüssel leer – auch die normalen Futterportionen werden mit Heißhunger verschlungen. Doch Benny wirkt schmaler als noch vor ein paar Monaten.
Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
Genau das ist der Grund für Bennys Symptome: übermäßige Flüssigkeitsaufnahme (Polydipsie), vermehrter Harnabsatz (Polyurie), erhöhte Futteraufnahme (Polyphagie) bei zeitgleichem Gewichtsverlust. Eine Zuckerkrankheit bleibt häufig zunächst unbemerkt, falls nicht bei einer Vorsorgeuntersuchung ein erhöhter Blutzuckerspiegel entdeckt wird. Klinische Symptome treten erst auf, wenn es zu einer Glukoseausscheidung über den Harn oder zu einer Ketoazidose kommt. Dr. Irene Pucher-Bühl kennt sich gut aus, was das Krankheitsbild betrifft: „Wie beim Menschen, so nehmen auch beim Hund die Diabetesfälle zu. Man schätzt, dass etwa 3 bis 10 von 1000 Haushunden an Diabetes mellitus erkranken.“
Auch Katzen sind von Diabetes mellitus betroffen. Wenn auch die klinischen Symptome ähnlich sind wie beim Hund, so ist die Ursache für die Zuckerkrankheit meist unterschiedlich.
Die Formen des Diabetes mellitus
Typ-1-Diabetes: Es wird zu wenig bzw. kein Insulin gebildet und daher auch als Insulinabhängiger Diabetes mellitus bezeichnet. Die Glucose kann nicht in den Zellen verwertet werden, wodurch ein konstant erhöhter Blutzuckerspiegel besteht.
Typ-2-Diabetes: Dabei besteht ein relativer Insulinmangel, es wird zwar noch Insulin produziert, aber die Wirksamkeit des Insulins ist bei den Zielzellen eingeschränkt.
Dr. Pucher-Bühl: „Während beim Hund fast ausschließlich der Typ-1-Diabetes auftritt, ist bei der Katze der Typ-2-Diabetes die weitaus häufigere Form.“
Risikofaktoren
Gewisse Faktoren erhöhen erheblich das Risiko, an Diabetes mellitus zu erkranken. Allen voran gehören dazu wie bei uns Menschen auch Übergewicht, falsche Ernährung und Bewegungsmangel. Gewisse Rassen wie z.B. Samojede und Cairn Terrier neigen ebenfalls zu einem erhöhten Diabetesrisiko. Bei Hunden sind unkastrierte Hündinnen am häufigsten betroffen. Bei Katzen tritt zum Teil nur vorübergehend und als Nebenwirkung einer Glukokor- tikoid-(Cortison)-Behandlung auf oder auch als Begleiterkrankung anderer schmerzhafter Grunderkrankungen, wie Harnwegsinfekte oder chronische Entzündungen der Zähne. Frühe Diagnose verhindert Spätschäden Wird die Krankheit nicht erkannt oder verschleppt, können Spätschäden auftreten. Dazu zählen grauer Star (Linsentrübungen, vor allem beim Hund) bis hin zur Erblindung, Niereninsuffizienz und Nervenschädigungen (vor allem bei der Katze, Durchtrittigkeit der Hintergliedmaßen). „Hunde und Katzen sollen ab dem 6. Lebensjahr einmal jährlich zur Vorsorgeuntersuchung, bei der im Rahmen einer Blutuntersuchung die Zuckerwerte im Blut und im Harn bestimmt werden. Dies dauert im eigenen TIERplus Labor nur wenige Minuten,“ macht Frau Dr. Pucher-Bühl deutlich.
Behandlungsmöglichkeiten
Ist die Diagnose bestätigt, sollte als Erstes dem Tierhalter die Angst genommen werden! Die Vorstellung, seinem Tier regelmäßig Insulin spritzen zu müssen, ist natürlich Furcht einflößend, in Wirklichkeit aber halb so schlimm. Zu Beginn der Behandlung wird der Patient in intensiver Zusammenarbeit mit Ihrem TIERplus Tierarzt auf die richtige Insulindosis eingestellt. Nur: Um den Blutzuckerspiegel dauerhaft unter Kontrolle zu bringen, reicht die alleinige Verabreichung von Insulin nicht aus. Ganz wesentlich für einen Therapiererfolg ist auch eine Futterumstellung auf speziell für diese Erkrankung hergestellte Diätfuttermittel.
Fütterungsplan notwendig
Als Typ-1-Diabetiker bedarf es bei Hunden eines strikten Fütterungsplans. Dabei sind auch die Gaben von Leckerlis zur Belohnung zu berücksichtigen! Hunde sollten zweimal pro Tag im Abstand von 12 Stunden eine genau abgestimmte Futtermenge bekommen, wobei jeweils 30 Minuten zuvor das Insulin verabreicht wird. Anders bei Katzen, da sie als Typ-2-Diabetiker weiterhin Insulin produzieren können. Je mehr eigenes Insulin produziert wird, umso weniger muss Insulin verabreicht werden. Um dies zu fördern, brauchen Katzen viele kleine Mahlzeiten über den Tag verteilt, unabhängig vom Zeitpunkt der Insulinverabreichung. Aber Vorsicht: Katzen dürfen zwar fressen, wann sie wollen, aber nicht, wie viel sie wollen! So kompliziert es klingt: Mit Diabetes mellitus kann man alt werden – wir Menschen wie auch unsere Haustiere. Wenn wir uns darauf einstellen!
Mein TIERplus Tierarzt informiert
Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, es wird in der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) gebildet. Im Zusammenspiel mit zwei weiteren, ebenfalls im Pankreas produzierten Hormonen, Glucagon und Somatostatin, regelt Insulin den Blutzuckerhaushalt. Ein erhöhter Blutzuckerspiegel, wie er kurz nach einer Nahrungsaufnahme auftritt, wirkt als wichtigster Stimulus für eine Insulinausschüttung. Insulin bewirkt, dass der Zucker (Glucose) verstärkt in die Zellen des Körpers aufgenommen wird, wodurch der Blutzuckerspiegel wieder sinkt. Gleichzeitig beeinflusst Insulin auf vielfältige Weise die Weiterverarbeitung der Glucose in den Zellen, den Fett- und den Proteinstoffwechsel. Ein Mangel oder eine eingeschränkte Wirksamkeit von Insulin hat dadurch enormen Einfluss auf den Stoffwechsel. +